Zep! Position zur ME/CFS-Forschungsdekade

Die ME/CFS-Forschungsdekade ist eine große Chance, ein komplexes und oft missverstandenes Krankheitsbild wissenschaftlich voranzubringen und strukturell besser zu versorgen. Damit diese Chance genutzt wird, braucht es jedoch eine Ergänzung: eine funktionelle Translation, die immunmetabolische Mechanismen mit neurovegetativen Funktionsmustern und alltagsrelevanter Rehabilitation verbindet.

1. Warum reine Mechanismenforschung nicht ausreicht

ME/CFS und Long COVID werden heute zunehmend als immunmetabolische Dysregulationssyndrome verstanden:

  • persistente Danger-Signalität (DAMPs),

  • metabolische Fehlanpassung,

  • mitochondriale Belastung,

  • neuroinflammatorische Prozesse.

Diese Erkenntnisse sind wichtig – doch ohne funktionelle Umsetzung bleiben sie für Betroffene, Ärzt:innen und Therapeut:innen kaum greifbar.
Es entstehen neue Papers, aber keine neuen Handlungsoptionen.

Damit droht der Fehler vieler Forschungsprogramme der letzten Jahrzehnte:
sehr viel Wissen, zu wenig Versorgung.

2. Die zentrale Versorgungslücke: neurovegetative Funktion

Im klinischen Alltag sind nicht Labore entscheidend, sondern funktionelle Muster:

  • autonome Dysregulation (LC, NTS, PAG)

  • COā‚‚-Intoleranz und Atemfehlanpassungen

  • Baroreflex-Instabilität

  • visuell-vestibuläre Überforderung

  • geringe Belastungstoleranz und schnelle Zustandsverschlechterung

Diese Muster sind nicht psychologisch, sondern neurophysiologisch erklärbar – und objektiv messbar.

Es fehlen jedoch standardisierte, risikoarme Verfahren, um diese Dysregulation systematisch sichtbar zu machen.

3. Was funktionelle Translation bedeutet

Funktionelle Translation heißt:

Mechanismus → funktionelle Marker → risikoarme Mikrointervention → Reha-Modell

Statt nur was im Immunsystem passiert, wird sichtbar, wie sich das im Alltag äußert – und was man testbasiert tun kann:

  • Pupillenmessung (LC, Parasympathikus)

  • COā‚‚-Tests (PAG, Atemregulation)

  • HR/BP-Dynamik (NTS, Baroreflex)

  • ROM Testing 
  • visuell-vestibuläre Tests (Cerebellum, LC)

Mit solchen Markern lassen sich sichere, sehr kleine, testbare Mikrointerventionen entwickeln – keine belastenden Programme, sondern präzise physiologische Reize, die unmittelbar überprüfbar sind.

4. Warum das für die Dekade unverzichtbar ist

Ohne funktionelle Translation bleiben drei Probleme bestehen:

  1. Mechanismen bleiben theoretisch – nicht praktisch.

  2. Versorgung bleibt unspezifisch – nicht differenziert.

  3. Reha bleibt generisch – nicht neurophysiologisch.

Das heißt:
Eine rein immunologische Dekade würde wieder an der Lebensrealität der Betroffenen vorbeigehen.

Damit Forschung Wirkung entfaltet, braucht es beides:

  • Mechanistische Exzellenz (Immunologie, Metabolismus)

  • Funktionelle Operationalisierung (neurovegetative Muster & alltagsrelevante Regulation)

Diese zweite Säule ist derzeit nicht besetzt – und genau hier arbeite ich.

5. Meine Rolle in diesem Kontext

Ich arbeite translational im Grenzbereich von Neurophysiologie, Immunmetabolismus und funktioneller Rehabilitation.
Mit einem strukturierten N=1-Test–Retest-Framework mache ich neurovegetative Fehlanpassungen objektiv sichtbar und übersetze neuroimmunologische Mechanismen in sichere, alltagsnahe Mikrointerventionen.

Ich sehe meine Aufgabe darin, in der ME/CFS-Forschungsdekade eine Perspektive einzubringen, die bisher fehlt:

  • funktionelle Marker statt nur Laborwerte,

  • neurovegetative Diagnostik statt Psychologisierung,

  • präzise Reha-Tools statt unspezifischer Belastungsempfehlungen,

  • Translation statt Theorie.

Dort, wo Labor und Bildgebung an Grenzen stoßen, beginnt die funktionelle Ebene – und sie ist für ME/CFS und Long COVID zentral.

Marc Nölke, 20.11.2025

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